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Was Google 2018 plante – und was daraus längst bittere Realität wurde

7 Jahre nach der Veröffentlichung des „Selfish Ledger“ Videos von Google, wie weit sind wir schon im digitalen Gefängnis ?

Im Jahr 2018 wurde bereits klar, wie weitreichend Googles Vorhaben war, um unsere Daten systematisch zu erfassen und zu nutzen. Damals klang vieles noch wie eine düstere Zukunftsvision – heute, 2025, müssen wir feststellen, dass ein Großteil dieser Vision längst Realität geworden ist. 2018 erregte ein internes Video aus dem Konzern Googles Zukunftsvorstellung, in der freier Wille kaum noch vorgesehen ist.

Ein „zufällig“ in Umlauf gekommenes internes Video mit dem Titel „The Selfish Ledger“, in Anlehnung an Richard Dawkins revolutionäres Buch „The Selfish Gene“, veranschaulicht, wie durch Sammlung und Zuordnung von Daten in einem „Großen Kontoführungsbuch“ – dem sogenannten „Ledger“ – Konzerne wie Google massiven Einfluss auf unsere Geisteshaltung und Persönlichkeit gewinnen könnten.

Google wollte damals alle Menschen dazu bringen, ihre kostenlosen Dienste umfassend zu nutzen, primär um das Anzeigen-Targeting zu verbessern:

  • E-Mail als zentrale Informations- und Kommunikationsschnittstelle,
  • Fitness- und Gesundheits-Apps zur Überwachung von Gewicht, Bewegung und Wohlbefinden,
  • Digitale Wallets zur Verwaltung von Ausgaben, Vorlieben und Finanzdaten,
  • Android-Handydaten zur Standortbestimmung,
  • Smartwatches zur Erfassung von Schlafrhythmus und Stimmungslagen der Nutzer.

Ziel war es, aus dieser übergreifenden Datensammlung – dem sogenannten „Ledger“ – ein vollständiges Profil jedes Individuums zu erstellen. Obwohl diese Daten zunächst anonymisiert sein sollten, ermöglichten fortgeschrittene Techniken schon damals, einzelne Personen aus Milliarden von Nutzern zu identifizieren. Das individuelle Verhalten konnte so analysiert und „monetarisiert“ werden – etwa durch personalisierte Werbung oder maßgeschneiderte Produktempfehlungen.

2025 wieviel Selfish Ledger ist bereits aktiv?

Heute, sieben Jahre später, ist diese umfassende Überwachung und Auswertung nicht mehr nur ein Plan auf dem Papier, sondern bittere Realität:

  • Schlaf- und Gesundheitsdaten werden flächendeckend per Smartwatches und Fitness-Tracker erfasst und permanent ausgewertet.
  • Bewegungsprofile entstehen durch das ständige Standort-Tracking, das viele Nutzer kaum noch bewusst wahrnehmen.
  • Einkaufs- und Finanzdaten aus digitalen Wallets und Fintech-Anwendungen sind zentrale Bausteine im Profil jedes Einzelnen geworden.
  • Selbst die psychologische Ebene wird adressiert: Nutzer erhalten gezielt Informationen, die ihr Verhalten und ihre Denkweisen verändern sollen – sei es durch Microtargeting in Werbung, Nachrichten oder sogar politischen Kampagnen.

Schon damals wurde gewarnt, dass diese Macht über persönliche Daten nicht nur bei Google liegt: Auch Regierungen, Konzerne und politische Parteien weltweit wollen dieses Instrumentarium nutzen, um Menschen zu beeinflussen und zu kontrollieren.

Neben Google haben auch andere Großkonzerne wie Palantir, Meta (vormals Facebook) und Microsoft umfangreiche Datenbanken beziehungsweise „Ledgers“ aufgebaut. Palantir beispielsweise fasst hocheffektiv unterschiedlichste Datenbestände zusammen – von staatlichen Kriminalitätsdaten bis hin zu Wirtschaftsinformationen – und stellt diese Informationen für Sicherheitsbehörden und Regierungen bereit. Während Google und Meta vor allem Nutzerdaten aus sozialen Netzwerken, Kommunikation und Alltagsanwendungen sammeln, konzentriert sich Palantir zusätzlich darauf, diese Daten zu verknüpfen und auszuwerten, um sowohl Kriminalitätsbekämpfung als auch politische Überwachung zu ermöglichen.

Aus Konkurrenzgründen sind diese Datenbestände zwar noch nicht umfassend untereinander ausgetauscht oder abgeglichen. Doch Palantir zeigt eindrücklich, wie effektiv eine Zusammenfassung und Analyse aller verfügbaren Daten sein kann, wenn erhebliche Macht und Ressourcen dahinterstehen. Microsoft wiederum integriert Daten aus Geschäftsanwendungen, Cloud-Diensten und auch Kommunikationstools in umfassende Profile, die ebenfalls zur Verhaltenssteuerung und Entscheidungsfindung genutzt werden.

Wer heute seine privaten und sensiblen Daten an Cloud-Dienste, soziale Netzwerke und KI-Systeme übergibt, sollte sich immer bewusst sein, dass diese Informationen in einem riesigen digitalen „Großen Buch“ landen könnten – einem Buch, das kaum jemand kontrolliert und das unser Leben auf eine Weise mitbestimmt, die vor wenigen Jahren noch unvorstellbar schien.

Dieser Rückblick soll daran erinnern, wie sehr wir die damals angekündigten Entwicklungen unterschätzt haben – und wie wichtig es jetzt ist, wachsam zu bleiben und die Kontrolle über unsere Daten zurückzugewinnen.

Lesenswert: Artikel von 2018 in der Suedeutschen Zeitung

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/internes-google-video-der-nutzer-degeneriert-zur-fernsteuerbaren-drohne-1.4029208

Und hier der Testballon den Google „zufällig“ dem Verge Magazin zugespielt hatte

Unten das video und oben der SZ Artikel den ich erst Gestern zum erstenmal gelesen habe.


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